Cloud-Lösungen auf der Überholspur.. auch in HR?

SAP, Oracle, Workday, Rexx, Personio – mittlerweile bewerben alle diese Anbieter den Service ihrer HR-Software, teilweise sogar ausschließlich, als Cloud-Lösung. Damit sind sie nicht allein, fast alle Softwareunternehmen haben heutzutage sogenannte „Software as a Service“ als Teil des „Cloud Computing“ in ihr Angebots-Portfolio aufgenommen. Diesem Trend – der sich die letzten Jahre immer mehr zu einem neuen Standard entwickelt – folgen neben Großkonzernen auch immer mehr klein- und mittelständische Unternehmen.

Nach Puma und Netflix, ändert auch die Deutsche Bahn AG in diesem Jahr ihre Strategie im Bereich HR-Software und stellt die Weichen Richtung Cloud.[1] Damit entscheidet sich ein weiterer Konzern für das vermeintliche Software-Modell der Zukunft. Doch warum ist das so? Welchen Mehrwert bieten Cloud-Lösungen gegenüber der herkömmlichen Software-Variante?

Allgemein bietet HR-Software durch Prozessautomatisierung und digitale Datenbanken eine Vereinfachung der betrieblichen Aufgaben. Die Software hilft bei der Erfassung, Verarbeitung und Analyse der Personaldaten eines Unternehmens. Der Markt teilt sich dabei auf die Anbieter einer Suite-Lösung (eine einzige Software für alle HR-Bereiche), sowie Anbieter, die sich auf einzelne Teilbereiche im HR spezialisiert haben (einzelne Software Module für Payroll, Recruiting, Onboarding, Learning uvm.) auf. Einige Unternehmen nutzen sowohl Cloud- als auch on-premise Software in hybrider Form und kombinieren so die Vorzüge beider Optionen. Das kann aus verschiedenen Gründen sehr sinnvoll sein. Der Wechsel in die Cloud setzt viele Veränderungen und Anpassungen im Unternehmen voraus, die häufig nicht in kurzer Zeit realisierbar sind. Hybride Übergangsversionen sind meistens eine gute Option bei der Einführung von Cloud Software und oft nicht zu vermeiden. Eine andere Motivation für hybride Softwaremodelle kann eine variable Arbeitslast sein. Wenn unterschiedliche Zeiten verschiedene Kapazitäten verlangen, können Unternehmen bei anteiliger Cloudnutzung schnell aufsteigende Nachfragen reagieren und ihren Datenspeicher etc. erweitern.

Bei der Einführung von HR-Software müssen Unternehmen heutzutage die folgende Frage beantworten: on-premise Lösung oder Cloud-Software? Hierbei handelt es sich um eine moderne Variation der klassischen Make-or-Buy-Entscheidung. Kauft ein Unternehmen eine Software ein und betreibt diese über eigene Server oder Rechenzentren, handelt es sich um eine on-premise Lösung. Bis vor einigen Jahren war das die Standardlösung für jegliche Unternehmenssoftware. Nach dem Kauf ist das Unternehmen selbst für den weiteren Betrieb der Software verantwortlich. Wartungen, Updates und Schulungen werden dabei vom Unternehmen abgewickelt. Seit einigen Jahren zeichnet sich in dieser Branche jedoch ein Wandel ab: immer mehr Unternehmen setzen im Bereich HR-Software auf Cloud Lösungen. Im Gegensatz zur on-premise Variante läuft die Software in diesem Falle über den Server des Anbieters und wird vom Kunden lediglich in der Cloud genutzt. Die meisten von uns kennen dieses Thema aus der Umstellung von Microsoft Office auf Microsoft 365. Programme, die früher via CD oder DVD auf per Festplatte des jeweiligen Computers gespeichert wurden, liegen heute im Internet – also in der Cloud – und werden via Desktop- oder Web-Applikation (App) als Abo-Dienst genutzt. Durch Einführung von Cloud Lösungen können erhebliche Vorteile entstehen, innovative Möglichkeiten aber auch neue Herausforderungen, die es zu lösen gilt.

Neben einer erheblichen Kostenersparnis durch alleinige Zahlung der in Anspruch genommenen Leistung, entstehen bei Nutzung der Cloud viele weitere Vorteile für interessierte Unternehmen. Zugänge zur Software können von mobilen Geräten mit Internetzugang verwendet werden und sorgen für ortsunabhängige Arbeitsbedingungen und Mobilität. Einige exklusive Lösungen werden mittlerweile nur noch in der Cloud Variante angeboten. Das kann zu einer etwas begrenzteren Auswahl der Software-Lösungen führen, sollte man sich für eine on-premise Lösung entscheiden. Ein weiterer Pluspunkt bei Wahl der Cloud Variante ist die Kostenersparnis und der geringe Aufwand rund um regelmäßige Updates, Wartungen und Anpassungen der Software, da dieser Service vom Anbieter übernommen wird. Darüber hinaus ist keine aufwendige Installation von Software und Infrastruktur notwendig und die Mitarbeiter der IT können ihre Kapazitäten für unternehmensinterne, umsatzrelevante Arbeiten nutzen. Mögliche Kritik bei der Einführung von Cloud-Diensten kann die Fragestellung des Datenschutzes sein. Wenn Daten das eigene Unternehmen verlassen, sollte es immer vorsichtig betrachtet und genaustens geprüft werden. Aufgrund der Abgabe von Serviceleistungen (Updates etc.), entsteht außerdem eine gewisse Abhängigkeit vom Softwareanbieter. Das sollte dem interessierten Unternehmen vor Einführung einer neuen Software klar bewusst sein. Darüber hinaus ist die Kosteneinsparung auf lange Sicht gesehen, durch die monatlich anfallenden Kosten dauerhaft ebenfalls kostenintensiv. Eine hohe einmalige Zahlung wird zwar durch Cloudnutzung vermieden, aber über die Nutzungsjahre der Software vom Kostenaspekt möglicherweise ausgeglichen oder sogar übertroffen.

On-premise Software hingegen hält den großen Vorteil von Individualisierbarkeit der Software. Sie lässt sich vom Aufbau, dem Anforderungsprofil und Sonderwünschen meist sehr gut an das Unternehmen anpassen und ermöglicht so den Erhalt der bisherigen Strukturen. Bei den generalisierten Cloud Varianten, müssen wiederum Unternehmen häufig ihre Strukturen an die der Software anpassen. Unabhängig von den Änderungen und Updates der Software-Anbieter können Unternehmen mit on-premise Software selbstständig entscheiden, ob sie Neuerungen der Software annehmen wollen oder nicht. Die vollständige Kontrolle bleibt im eigenen Unternehmen und der IT-Abteilung. Genauso verhält es sich mit den persönlichen Daten des verwendenden Unternehmens, diese bleiben meist vollständig innerhalb der Firma. Das führt zu einer kosten- und zeitintensiven Betreuung, die meist von den Mitarbeitern der IT übernommen wird. Wartungen, Anpassungen und Serviceleistungen müssen entweder eingekauft oder von Mitarbeitern durchgeführt werden. Eine mobile Nutzung der Software lässt sich eher schwierig umsetzen. Ebenso die Anpassung der Softwareinhalte an die verändernden Umweltbedingungen.

Die Vorzüge einer Wahl der Cloud Software werden im direkten Vergleich mit der bisherigen Standard-Lösung on-premise, deutlich sichtbar. Gerade in einer Zeit, in der Faktoren wie Homeoffice, Ortsunabhängigkeit bei Arbeitsplätzen und die Anpassung an neue Umweltbedingungen immer wichtiger werden, ist die Cloud Software auch im HR-Bereich nicht mehr weg zu denken. Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitern mit mobilen Endgeräten ortsunabhängig in der Cloud zu arbeiten. Einige Softwareanbieter haben ihr Angebot bereits dementsprechend angepasst: exklusive Module und Tools unterstützen allein eine Nutzung innerhalb der Cloud. Der größte Vorteil der Cloud-Software besteht weiterhin in der Kostenersparnis durch geringere Anschaffungs- und Verwaltungskosten. Unternehmen können verschiedene Lizenzmodelle abschließen und bezahlen damit lediglich den Teil der Software, der tatsächlich genutzt wird. Dies ermöglicht einerseits eine wesentlich bessere und effizientere Kostenkalkulation, andererseits erhalten Klein- und Mittelunternehmen und sogar Startups die Möglichkeit, HR-Software zu nutzen. Ein Kauf der on-premise Variante ist für kleine und junge Unternehmen aufgrund der hohen Preise schlichtweg nicht möglich. Das Cloud Computing ermöglicht neuen Kundengruppen somit den Zugang zu aktueller HR-Software. Das Investitionsrisiko fällt insgesamt geringer aus, was gerade jüngeren Unternehmen die Chance bietet, Software-Lösungen auch bei kleinerem Budget einbauen zu können. Cloudbasierte Software bietet ebenfalls einen technologisch hochwertigen und  innovativen Service. Durch die Cloudlösung können technische Neuerungen und nötige Anpassungen an Umweltbedingungen flächendeckend und schnell umgesetzt werden. Dieser Punkt kann je nach individueller Situation allerdings auch negative Auswirkungen haben, wenn Änderungen gegen den Willen einzelner Unternehmen großflächig vom Anbieter durchgeführt werden.

Der Wechsel unternehmensbezogener Software bringt jedoch auch immer Herausforderungen mit sich. Fällt die Wahl des Unternehmens zum ersten Mal auf die Cloud Variante, sollten einige Aspekte besonders gründlich bedacht werden. Die bisherige IT-Strategie muss an das neue Cloudsystem angepasst werden. Dieser Wandel bietet Unternehmen die Chance, ihre gesamte Strategie und Ausrichtung zu optimieren und an den neuen Standard anzupassen. Handelt es sich um die Einführung einer neuen HR-Software, sollten die bestehenden Strukturen ebenfalls an das neue System angepasst werden und über optimierende Prozesse nachgedacht werden, da sich Personaldaten auf alle Bereiche des Unternehmens auswirken. Bei einer Umbruchstimmung im HR-Bereich oder im gesamten Unternehmen durch Einführung einer neuen Software, lassen sich Maßnahmen zur Prozessoptimierung besonders effektiv und langfristig etablieren. Grundsätzlich sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiter, die mit dem neuen System in Berührung kommen, von Beginn an in die Planung mit einbeziehen. Sind alle Beteiligten informiert wie der nächste Schritt auf dem Weg zur neuen Software aussieht, ist die Akzeptanz für ein neues Produkt wesentlich höher, als wenn Mitarbeiter vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Mit einem Team, welches gemeinsam auf die neue IT-Struktur hinarbeitet, kann der Wechsel in die Cloud effektiv umgesetzt werden.

Ein weiteres Hindernis, das besonders deutschen Unternehmen den Wechsel ihrer HR-Software in die Cloud erschwert, ist der Datenschutz. Werden Personaldaten und andere wichtige Unternehmensdaten an den externen Cloudanbieter übertragen, besteht ein gewisses Risiko bezüglich der Datensicherheit. Bei ausländischen Anbietern ist detailliert zu prüfen, in welchen Ländern die Server für die Datenspeicherung liegen und welche Datenschutzverordnung in dem jeweiligen Land gilt. Aufgrund der unterschiedlichen Datenschutzverordnungen ist es essenziell für eine breite Aufklärung und Akzeptanz seitens Mitarbeiter und Kunden zu sorgen. Aufgrund der Thematik „Datenschutz“, greifen Unternehmen aktuell noch häufig zu hybriden Softwaremodellen. Das ermöglicht Unternehmen beispielsweise, ihre internen Daten vollständig innerhalb des eigenen Unternehmens zu behalten und Cloud Services für zusätzliche Features zu verwenden.

Darüber hinaus arbeiten viele der Softwareanbieter mit Lock-in-Effekten, um Kunden möglichst dauerhaft an ihre Produkte zu binden. Dabei handelt es sich um Elemente oder Bestandteile der Software, die einen Wechsel zu Konkurrenzprodukten erschweren. Vor der Software-Implementierung sollte daher eine klare IT-Strategie vorliegen und sichergestellt sein, welche Dienstleistungen im Bereich der IT innerhalb der nächsten Jahre im Unternehmen benötigt werden. So lässt sich im Vorhinein abstimmen, ob der ausgewählte Softwareanbieter die Möglichkeiten zu Anpassungen oder Erweiterungen bietet. Ist das Softwaresystem einmal in den Unternehmensstrukturen verankert, bedeutet ein erneuter Systemwechsel erheblichen Mehraufwand. Riesige Datenmengen, die beim Cloudanbieter gespeichert wurden, müssen wieder umgelagert werden. Dabei handelt es sich um ein teures und aufwendiges Unterfangen.

Die ISG, eines der weltweit führenden Technologieforschungs- und Beratungsunternehmen, hat herausgefunden, dass bereits 46% der Unternehmen eine HR-Software as a Service Plattform oder Hybridlösung verwenden. Vor zwei Jahren waren es noch 20% der befragten Unternehmen, im Jahr 2023 werden es bereits 57% sein. Die Studie beinhaltet mehr als 260 Unternehmen weltweit. [2] Dass Cloud Software weitaus mehr als ein moderner Trend im HR-Bereich ist, scheint hiermit bewiesen. Die Zukunft des Human Resources liegt eindeutig in der Cloud, es stellt sich zukünftig nicht mehr die Frage, ob ein Unternehmen den Schritt des Wechsels auf sich nehmen wird, sondern eher: wann. Unternehmen, die bereits seit längerer Zeit bestehen, werden ihre HR-Strategie künftig ihrer Cloud Software anpassen müssen. Dabei werden hybride Softwaremodelle als Überbrückung für die Einführung von Cloud Software deutlich an Bedeutung gewinnen. Unternehmen und Startups hingegen, die neu auf den Markt kommen, werden ihre HR-Strategie direkt abgestimmt auf die Lösung der Cloud Software aufbauen.

[1] (Oracle, 2021)

[2] (Information Services Group (ISG), 2021)

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